Andriy Chubatyuk
Darf ein Arbeitnehmer seine Arbeit delegieren?
Der Arbeitnehmer führt die Arbeit, die er übernommen hat, persönlich aus, es sei denn, aus einem Vertrag oder den Umständen ergibt sich etwas anderes (Art. 321 OR). Die Pflicht zur persönlichen Ausführung ohne Stellvertretung ist der im Arbeitsrecht verankerte Grundsatz.
Sofern der Vertrag oder die Umstände nichts anderes vorgesehen sind, ist es dem Arbeitnehmer untersagt, sich vertreten zu lassen oder eine Hilfskraft zu beschäftigen. Umgekehrt darf er nicht verpflichtet werden, sich von einem Dritten vertreten zu lassen, wenn er an der Arbeit verhindert ist.
Diese rechtliche Regelung gilt natürlich nicht für die Delegation von Arbeit innerhalb eines Unternehmens von leitenden Angestellten an untergeordnete Arbeitnehmer oder für die Arbeitsteilung zwischen Kollegen oder gegenseitige Unterstützung.
Kaskadenartige Arbeitsverträge
Wird ein Arbeitnehmer durch einen Dritten ersetzt, können je nach den Umständen verschiedene rechtliche Bestimmungen gelten, die die Pflichten und Verantwortlichkeiten der beteiligten Parteien – also des Arbeitnehmers, des Stellvertreters und des Arbeitgebers – unterschiedlich regeln.
Zunächst stellt sich die Frage, ob der Stellvertreter oder die Stellvertreterin des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin bei der Erfüllung des Arbeitsvertrags eine Hilfsperson des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin darstellt. Denn jeder Schuldner der Leistung, also auch der Arbeitnehmer, haftet für Schäden, die von Hilfspersonen verursacht werden, auf die er rechtmässig zurückgegriffen hat (Art. 101 OR). Darüber hinaus wird der Arbeitnehmer somit selbst zum Arbeitgeber gegenüber dem Stellvertreter und es bestehen somit zwei “kaskadenartige” Arbeitsverhältnisse.
Die Schweizer Rechtspraxis hat anerkannt, dass ein Künstler, der die Durchführung seiner eigenen künstlerischen Leistungen und derjenigen Dritter, die er gleichzeitig anleitet, verspricht, unter Umständen für die ordnungsgemässe Erfüllung der Arbeit durch seine Hilfspersonen verantwortlich gemacht werden kann.
Die Rechtslehre ist jedoch zurückhaltend bei der Anerkennung kaskadenartiger Arbeitsverträge, da sie oft dazu führen, dass der Arbeitgeber seine Verantwortung auf den Arbeitnehmer überträgt, obwohl dieser möglicherweise nicht die notwendige Eignung besitzt, eine solche Verantwortung zu tragen.
Direkter Arbeitsvertrag
Umgekehrt kann es sein, dass der Stellvertreter als Arbeitnehmer des Hauptarbeitgebers angesehen wird und der Arbeitnehmer, der den Stellvertreter in Anspruch genommen hat, nicht in eigenem Namen, sondern als direkter Vertreter des Arbeitgebers handelt (Art. 32 OR). In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber direkt mit dem Stellvertreter einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
In Ermangelung eines solchen Vertrags kann man von einem De-facto-Vertrag ausgehen (Art. 320 Abs. 2 OR). Die Unterscheidung hängt insbesondere davon ab, ob der Stellvertreter ein Angehöriger des Arbeitnehmers ist. In diesem Fall handelt es sich um eine einfache ehrenamtliche Tätigkeit des Stellvertreters und der Arbeitgeber hat ihm gegenüber keine Verpflichtungen. Im umgekehrten Fall geht die schweizerische Rechtspraxis davon aus, dass der Stellvertreter durch einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber verbunden wird.
Arbeit von zu Hause aus
Darüber hinaus gibt es eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Vergabe von Unteraufträgen für die Arbeit durch den Arbeitnehmer. Durch den Heimarbeitsvertrag verpflichtet sich der Heimarbeitnehmer, in seiner Wohnung oder in einem anderen, von ihm bestimmten Arbeitsraum allein oder mit Familienangehörigen Arbeiten im Lohn für den Arbeitgeber auszuführen (Art. 351 OR).
Autorisierung durch den Arbeitgeber
In Hausmeisterverträgen greift der Hausmeister häufig auf die Hilfe von Hilfskräften oder Stellvertretern zurück, um seine Arbeit gut auszuführen. Selbst wenn kein ausdrücklicher Vertrag des Arbeitgebers vorliegt, geht die allgemeine Berufspraxis davon aus, dass ein solches Recht besteht.
Dasselbe gilt für das Reinigungsgewerbe und die Hausarbeit, wo die Inanspruchnahme einer dritten Person durch eine Arbeitnehmerin recht häufig vorkommt. Die Rechtsprechung hat beispielsweise das Recht einer schwangeren Reinigungskraft anerkannt, sich vorübergehend von ihrem Ehemann vertreten zu lassen, der die Arbeit ehrenamtlich ausübte.
Ein angestellter Winzer hat in der Regel das Recht, Dritte für die Erbringung seiner Leistungen zu beauftragen, was er auf eigene Kosten tut.
Das Schweizer Recht steht auch der Praxis der Arbeitsteilung (job sharing) nicht entgegen. Die Arbeitnehmer, die sich die Arbeit teilen, sind jeweils durch einen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber gebunden.
Empfehlungen
Beachten Sie die folgenden Empfehlungen, um die Substitution von Arbeitnehmern besser zu bewältigen:
- Erlauben Sie dem Arbeitnehmer nicht, sich von einem Dritten, einem Angehörigen oder einer Hilfsperson vertreten zu lassen, und weisen Sie darauf hin, dass jeder Anruf bei einem Dritten vom Arbeitgeber schriftlich autorisiert werden muss.
- Erlegen Sie dem Arbeitnehmer keine Ersatzpflicht auf, weil er berechtigt abwesend ist (z. B. Krankheit, Militärdienst).
- Wenn Sie die Leistung eines Dritten annehmen, den der Arbeitnehmer gefunden hat, überlegen Sie sich gut, ob eine solche Arbeit in den Verantwortungsbereich Ihres Arbeitnehmers fällt oder ob Sie direkt einen Arbeitsvertrag mit dieser Hilfskraft eingehen.
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