Andriy Chubatyuk
Welche Haftung hat der Arbeitnehmer für Schäden?
Der schweizerische Rechtsgrundsatz der vertraglichen Verschuldenshaftung gilt auch im Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer haftet für Schäden, die er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt (Art. 321e Abs. 1 OR).
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auf Schadensersatz verklagen und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen den Schaden mit dem geschuldeten Lohn verrechnen.
Verschiedene Haftungsquellen
Der Arbeitnehmer übernimmt die Haftung für Schäden, die dem Arbeitgeber aufgrund der schuldhaften Verletzung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer entstehen.
Es ist jedoch zu beachten, dass zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen den Arbeitnehmer aufgrund von Gesetzesverstössen vorbehalten bleiben (Art. 41 ff. OR), auch wenn fast jeder Gesetzesverstoss im Rahmen des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf vertragliche Haftung begründet.
Es ist auch möglich, dass der Arbeitnehmer einen Auftrag als Mitglied einer Aktiengesellschaft oder als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung übernimmt. Die Vorschriften über die Haftung der Organe (Art. 754 OR) sind weiter gefasst als die Regelungen zum Arbeitsvertrag.
Bedingungen für die Haftung
Wie bei jeder vertraglichen Verschuldenshaftung (Art. 97 OR) ist der Arbeitnehmer nur dann haftbar, wenn die 4 wichtigsten Bedingungen erfüllt sind:
- Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung.
- Schaden für den Arbeitgeber.
- Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung und dem Schaden.
- Vorsätzliches oder fahrlässiges Fehlverhalten des Arbeitnehmers.
Es liegt somit am Arbeitgeber, das Vorliegen jeder dieser Voraussetzungen zu beweisen, mit Ausnahme des Verschuldens. Denn wie im allgemeinen System der vertraglichen Haftung wird das Verschulden des Arbeitnehmers vermutet, und es obliegt dem Arbeitnehmer, den Entlastungsbeweis zu erbringen.
Der dem Arbeitgeber entstehenden Schaden
Der Schaden des Arbeitgebers bemisst sich als Differenz zwischen dem aktuellen Vermögensbetrag und dem Vermögensbetrag, den er ohne das schädigende Ereignis gehabt hätte. Dabei treten vor allem folgende Fälle auf:
- Verringerung der Aktiven (z. B. beschädigtes Material).
- Erhöhung der Passiven (z. B. Kunde verklagt den Arbeitgeber auf Schadenersatz).
- Keine Erhöhung der Aktiven (z. B. Verlust des Kunden).
- Keine Verringerung der Passiven.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auch auf Entschädigung für immaterielle Schäden verklagen. Die Haftung des Arbeitnehmers erstreckt sich auf alle Schäden im weiteren Sinne, ähnlich wie im Zivilrecht.
Am häufigsten wird der Arbeitnehmer für beschädigtes Eigentum (z. B. zerbrochenes Geschirr, beschädigtes Auto) oder Kassenverlust (z. B. unbegründete Verzögerung bei der Wareninventur, die zum Verfall verderblicher Waren führt, die nicht innerhalb der Frist verkauft wurden) haftbar gemacht.
Da der Arbeitgeber für den von den Arbeitnehmern verursachten Schaden haftet (Art. 55 und 101 OR), hat er eine Regressklage gegen den fehlbaren Arbeitnehmer, um Schadenersatz in Höhe des Betrags zu verlangen, den der Arbeitgeber dem Kunden zu entschädigen hat.
Der Arbeitgeber kann ebenfalls Ersatz für Schäden verlangen, die infolge der fristlosen Entlassung des Arbeitnehmers entstehen (Art. 337b Abs. 1 OR), z. B. die Kosten für die Einstellung eines neuen Mitarbeiters.
Verletzung des Arbeitsvertrags
Ein Arbeitnehmer verletzt den Arbeitsvertrag, wenn er seine Leistung nicht unvollständig oder fehlerhaft erbringt oder wenn er eine der vertraglichen Nebenpflichten, wie etwa das Wettbewerbsverbot, missachtet.
Der Arbeitnehmer muss eine konkrete Vertragsverletzung begehen; es genügt nicht, subjektive Meinungen oder die allgemeine Beurteilung seiner Gesamtleistung anzuführen, um ihm die Verantwortung für eine unzureichende Geschäftsentwicklung des Arbeitgebers zuzuschieben.
Natürlich können Handlungen, die vom Arbeitgeber geduldet oder angeordnet wurden, nicht Gegenstand von Schadenersatzansprüchen sein, ebenso wenig wie die Zustimmung des Geschädigten. Zudem kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht wegen der Verletzung von “Verhaltensregeln” verklagen, die ohne klare Richtlinien oder Anweisungen gar nicht existierten.
Kausaler Zusammenhang
Ein natürlicher Kausalzusammenhang setzt einen sine qua non Zusammenhang zwischen einer schädigenden Handlung oder Unterlassung und dem eingetretenen Schaden voraus. Mit anderen Worten: Wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten, wäre der Schaden nicht entstanden. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Es muss auch ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen.
Adäquate Kausalität liegt vor, wenn das schädigende Ereignis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den eingetretenen Schaden herbeizuführen.
Ein eigenes Verschulden des Arbeitgebers oder einer Hilfsperson, für die er verantwortlich ist, unterbricht den Kausalzusammenhang, wenn es aussergewöhnliche Umstände darstellt, mit denen nicht zu rechnen ist. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall, wenn der Arbeitgeber keine Kontrolle hatte und die Vertragsverletzung des Arbeitnehmers deshalb nicht entdecken konnte.
Verschulden des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer kann nur haftbar gemacht werden, wenn ihm unter den gegebenen zeitlichen und örtlichen Umständen eine vorsätzliche Verletzung der vertraglich auferlegten Pflichten vorgeworfen werden kann.
Vorsätzliches Fehlverhalten ist in der Regel eindeutig. Zudem sei darauf hingewiesen, dass auch der Eventualvorsatz als Vorsatz gilt. Er zeigt sich darin, dass der Arbeitnehmer in Kauf nimmt, ohne es ausdrücklich zu wollen, dass sein Verhalten dem Arbeitgeber Schaden zufügen könnte.
Eine schwere Verfehlung liegt vor, wenn das Verhalten objektiv oder subjektiv unentschuldbar ist. Dies ist üblicherweise bei vorsätzlichem Fehlverhalten der Fall.
Ein Arbeitnehmer handelt fahrlässig, wenn er die Sorgfalt vermissen lässt, die man von ihm erwarten könnte. Fahrlässigkeit kann auch eine schwere Verfehlung darstellen, wenn der Arbeitnehmer gegen die grundlegendsten Regeln der Vorsicht verstossen hat, indem er Massnahmen unterlässt, die unter denselben Umständen für jede vernünftige Person selbstverständlich gewesen wären.
Der Grad des Verschuldens
Das Gesetz bestimmt, dass der Grad des Verschuldens und damit der Umfang des Schadensersatzes unter Berücksichtigung des unternehmerischen Risikos sowie der Fähigkeiten des Arbeitnehmers beurteilt wird.
Das Mass der Sorgfalt, die der Arbeitnehmer schuldet, richtet sich nach dem jeweiligen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die für die Arbeit erforderlich sind, sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen müssen (Art. 321e Abs. 2 OR).
Es sei darauf hingewiesen, dass die dem Unternehmen innewohnenden Risiken häufig den zu ersetzenden Schaden ausschliessen oder verringern. Denn je wahrscheinlicher das Auftreten eines bestimmten Risikos im Unternehmen ist, desto eher wird davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer nicht haftbar ist. Einige Risiken können auch dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer mit erhöhter Sorgfalt vorgeht. Hier einige Beispiele:
- Fehler einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters, die oder der die Kasse führt.
- Geschirrbruch in einem Restaurant
- Ein Verkehrsunfall.
Empfehlungen
Beachten Sie die folgenden Empfehlungen, um besser mit Schäden umzugehen, die durch Arbeitnehmer verursacht werden:
- Schäden können sehr hoch ausfallen. Eine Schadensversicherung oder eine Haftpflichtversicherung ist sinnvoller als eine Klage gegen den Arbeitnehmer.
- Geben Sie klare, präzise Anweisungen und Richtlinien und halten Sie diese schriftlich fest, da deren Verletzung sonst nicht geltend gemacht werden kann.
- Stellen Sie sicher, dass Sie regelmässig die Leistung der Arbeitnehmer bewerten und abgenutzte oder beschädigte Materialien überprüfen.
- Stellen Sie die Verfehlungen des Arbeitnehmers genau und objektiv unter Berücksichtigung der Umstände fest.
In nur 7 Minuten erhalten Sie Ihren individualisierten Arbeitsvertrag, der dank des intelligenten Dokumenten-Builders von AdminTech in Echtzeit erstellt und sofort unterschriftsreif ist.